(So) Nutzen Sie als Unternehmen das Mobilitätsbudget!

11. Juli 2023

Nahaufnahme eines Klapprads an einem Bahnhof

©Corinna Spitzbarth| HMWVW

Dienstwagen oder ÖPNV-Zuschuss? Wer als Arbeitgeber seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Mobilität finanziell unterstützen will, denkt meist zuerst an diese beiden Klassiker im Mobilitätsmanagement. Dabei geht es auch innovativer: Mit dem Mobilitätsbudget wird ein neuer, flexibler Ansatz immer beliebter, der auch alternative Verkehrsmittel berücksichtigt und dazu beitragen kann, ein klimagerechtes Pendeln zu fördern.

Was genau das Mobilitätsbudget ist und wie die Einführung gelingt, lesen Sie hier in diesem Beitrag. Wer lieber im Videoformat auf Zuschauen und Zuhören setzt, findet die passenden Informationen übrigens auch in unserem Webinar RadWissen2Go mit Sylvia Lier von der TAF mobile GmbH.

Ein Mobilitätsbudget für verschiedene Mobilitätsdienstleistungen

Was genau steckt hinter dem Begriff Mobilitätsbudget? Kurz gefasst handelt es sich dabei um einen Gehaltsbestandteil, für den der Arbeitgeber ein monatliches Budget definiert und der von den Beschäftigten für dienstlich und/oder privat veranlasste Reisen verwendet werden kann. Statt also wahlweise ÖPNV-Tickets oder Dienstwagen anzubieten, stellen Arbeitgeber ihrer Belegschaft einen festen Betrag zur Verfügung, den diese dann nach Bedarf für verschiedene Mobilitätsdienstleistungen (zum Beispiel für die Nutzung von Sharing-Angeboten für Fahrräder und e-Scooter, für Bus und Bahn, für Mitfahrangebote im Ridepooling etc.) ausgeben können. Das Mobilitätsbudget kann in Form von Geld, Gutscheinen oder einer speziellen Karte bereitgestellt werden.

Indem Unternehmen ihren Beschäftigten ein Mobilitätsbudget zur Verfügung stellen, geben sie ihnen die Möglichkeit, ihre Mobilität nach ihren individuellen Bedürfnissen und Präferenzen anzupassen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können das Budget zum Beispiel für den Kauf eines Fahrrads verwenden, um Fahrradreparaturen zu bezahlen, um ÖPNV-Tickets zu erwerben oder um sich für Carsharing- oder Bikesharing-Dienste anzumelden.

Wie funktioniert das Mobilitätsbudget?

Das Mobilitätsbudget wird in der Regel monatlich oder jährlich bereitgestellt und kann je nach Unternehmensrichtlinien und -vorgaben variieren. Es kann entweder als Geldbetrag ausgezahlt werden, der auf die Gehaltsabrechnung aufgeschlagen wird, oder in Form von Gutscheinen oder einer speziellen Karte, die für den Kauf von Verkehrsdienstleistungen verwendet werden kann.

Die Mitarbeitenden können das Mobilitätsbudget nach ihren individuellen Bedürfnissen und Anforderungen nutzen. Sie können das Budget für den Kauf eines neuen Fahrrads oder die Reparatur und Wartung ihres aktuellen Fahrrads verwenden. Sie können auch ÖPNV-Tickets erwerben oder sich für eine Mitgliedschaft bei einem Carsharing- oder Bikesharing-Dienstleister entscheiden. Das Mobilitätsbudget ermöglicht es den Mitarbeitenden, die Kosten für ihre tägliche Mobilität zu decken und gleichzeitig umweltfreundliche und nachhaltige Verkehrsmittel zu nutzen.

Vorteile des Mobilitätsbudgets

  • Flexibilität für Unternehmen: Nicht benötigte Services verursachen mit dem Mobilitätsbudget in vielen Fällen – im Unterschied zu fixen Kfz-Leasingraten – keine oder nur geringe Kosten. Unternehmen können dadurch flexibler auf die geänderte Nachfrage ihrer Mitarbeitenden eingehen, gleichzeitig nachhaltige – öffentliche und geteilte – Mobilität fördern und damit einen Beitrag zur nachhaltigen Unternehmensmobilität leisten.
  • Flexibilität für Beschäftigte: Das Mobilitätsbudget bietet auch für die Beschäftigten mehr Flexibilität, denn es ermöglicht ihnen, ihre Verkehrsmittelwahl individuell und z.B.  abhängig vom Wetter, der Entfernung oder der Verfügbarkeit zu treffen. Zugleich sensibilisiert das Mobilitätsbudget für die Eigenverantwortung in Sachen Mobilität und ermutigt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der richtigen Begleitkommunikation umweltbewusste Entscheidungen zu treffen.
  • Kostenersparnis: Durch die Nutzung des Mobilitätsbudgets können die Mitarbeitenden ihre Transportkosten reduzieren. Anstatt ein eigenes Auto zu besitzen und die damit verbundenen Kosten für Treibstoff, Parkgebühren und Wartung zu tragen, können sie auf kostengünstigere Optionen wie Fahrrad und ÖPNV umsteigen.

Umsetzung und Abwicklung: Welche Anbieter gibt es für das Mobilitätsbudget?

Die Anbieterlandschaft lässt sich grob unterscheiden zwischen Belegscan-Anbietern und Plattform-Anbietern, die es den Nutzern und Nutzerinnen ermöglichen, verschiedene angeschlossene Mobilitätsleistungen über ein zentrales Kundenkonto wahrzunehmen.

  • Funktionsweise Belegscan: Bereitgestellt wird eine App, um die Belege zu scannen. Der Mitarbeitende kann mit dieser App also beispielsweise seinen Einzelfahrschein aus der Straßenbahn einfach abfotografieren. Der Beleg wird dann automatisch zur Abrechnung inkl. der richtigen Steuergrundlage an die Bearbeitungsstelle im Unternehmen weitergeleitet. Für die Beschäftigten einfach in der Nutzung, allerdings müssen sie die Kosten zunächst privat auslegen.
  • Die zweite Gruppe bilden Plattformanbieter, die neben der Belegscan-Funktion häufig Auskunftsfunktionen für verschiedene Verkehrsmittel sowie eine Buchungs- und Bezahlfunktion für das eingestellte Mobilitätsbudget über die App selbst beinhalten.

Worauf ist beim Mobilitätsbudget zu achten?

Wichtig zu wissen: Mobilitätsbudgets können aufgrund der unterschiedlichen Besteuerungsansätze der einzelnen Mobilitätsangebote und Nutzungsformen zu einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand führen: Zwar sind Jobticket und Dienstrad, wenn sie zusätzlich zum Arbeitslohn gewährt werden, (fast) steuerbefreit. Aber: Für den Sharinganteil eines Mobilitätsbudgets kommt der Individualsteuersatz oder zumindest der Pauschalsteuersatz in Höhe von 30 % zum Tragen.

Tipps zur Einführung eines Mobilitätsbudgets

1. Projektteam implementieren

Das Projektteam sollte divers sein und Kolleginnen und Kollegen verschiedener Altersstufen, Kulturen oder Abteilungen und Fachbereichen umfassen. Zudem sollte auch der Betriebsrat innerhalb des Projektteams vertreten sein.

2. Quantitative Bestandsaufnahme zum Mobilitätsmix

Ein wichtiger Schritt beim Einführen des Mobilitätsbudgets ist es den Mobilitätsmix innerhalb Ihres Unternehmens zu betrachten. Wie viele Mitarbeitende kommen mit dem Auto, Rad oder dem ÖPNV? Tipp: Um den Modalsplit zu erheben, gibt es praktische Tools wie den BesserMonitor, den wir in einem weiteren Beitrag vorstellen. Im selben Zuge können Sie dann schauen, wie die aktuellen CO2-Emissionen innerhalb ihres Unternehmens aussehen. Doch warum ist dieser Schritt wichtig? Ganz einfach: Sie möchten später zeigen, was Sie erreicht haben, und hierfür ist es wichtig, den Ausgangspunkt mithilfe von Zahlen festzuhalten.

3. Marktsondierung und Best Practice-Beispiele

Recherchieren Sie im Vorfeld passende Anbieter. Hilfreiche Unterstützung bei der Marktsondierung findet sich oftmals in themenbezogenen Online-Foren. Eine solche Community mit inzwischen über 500 Mitgliedern bietet die LinkedIn Gruppe „Mobilitätsbudget Nutzer*innen und Macher*innen“, welche von Sylvia Lier gegründet wurde.

4. Anpassung der Verträgen, Vorgaben und Reportings

Wenn Sie das Mobilitätsbudget einführen, müssen Sie häufig noch einige Anpassungen vornehmen, zum Beispiel bei Mitarbeiterverträgen, im Hinblick auf das Nachhaltigkeitsreporting oder bezüglich der Car- & Travel-Policy. Der Tipp von Sylvia Lier: Idealerweise erweitert man jetzt Richtlinie im Rahmen des Projektes zu einer neuen Mobilitätsrichtlinie, die darauf abzielt, dass nachhaltige klimagerechte Mobilität wirklich zur Unternehmensidentität wird. Mit der Einführung neuer, nachhaltiger Mobilitätsoptionen kann zum Beispiel auch überlegt werden, ob ein Tanklimit eingeführt wird oder Gebühren für das Parken erhoben werden.

Fazit: Das Mobilitätsbudget

  • … reagiert auf eine geänderte Nachfrage der Beschäftigten und neue Rahmenbedingungen.
  • … unterstützt Unternehmen insbesondere in Bezug auf ihre Arbeitgeberattraktivität und beim Erreichen ihrer Nachhaltigkeitsziele.
  • …  kann eine gute Alternative zum Dienstwagen, bzw. zum Privatfahrzeug sein.
  • … kann als Pauschale eingesetzt werden, um ein nachhaltiges Pendelverhalten zu incentivieren.
  • … hat lohnsteuerliche Herausforderungen, die aber lösbar sind.
  • … kann ein neues Statussymbol werden, weil flexible Nutzung wichtiger wird als Besitz.
  • … ist ein vielseitiges Instrument mit großem Potential und aktuell das Top-Thema im Corporate-Mobility-Bereich.

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