So wird Ihr Unternehmen fahrradfit! Interview mit Radexperte Oliver Moschner-Schweder

20. November 2024

Sie wissen, dass Arbeits- und Dienstwege einen Großteil unserer Alltagsmobilität ausmachen? Deshalb wollen Sie mit dem Einsatz von Fahrrädern und Pedelecs Zeit und Kosten sparen und etwas für die Zufriedenheit und Gesundheit Ihrer Beschäftigten tun? Sie fragen sich, wie Sie das Thema am besten angehen?

Fahrrad-Experte Oliver Moschner-Schweder hat bereits viele hessische Unternehmen dabei unterstützt, sich (noch) fahrradfreundlicher aufzustellen. Bei seiner Beratung nimmt er gemeinsam mit den Verantwortlichen den Status Quo vor Ort unter die Lupe und entwickelt passgenaue Maßnahmen für die Betriebe. Er weiß daher genau, vor welchen Herausforderungen Unternehmen bei der Förderung der betrieblichen Radmobilität stehen und wo die größten Potenziale liegen. Im Gespräch mit bike+business verrät er, an welchen Stellen Betriebe ansetzen können, um fit fürs Fahrrad zu werden.

Vorhandene Infrastruktur erkennen und nutzen

Der Einstieg in die betriebliche Radmobilität kann Unternehmen einschüchtern, ist aber oft leichter als gedacht. „Viele sehen im ersten Moment den Wald vor lauter Bäumen nicht“, berichtet Moschner-Schweder. Betriebe schreckten oft vor dem Aufwand zurück, den sie hinter der Etablierung einer fahrradfreundlichen Unternehmenskultur vermuten. Die Erfahrung des Rad-Experten zeigt jedoch: „Häufig sind schon viele Grundvoraussetzungen erfüllt und müssen nur reorganisiert werden.“ Vielerorts gibt es beispielsweise bereits das passende Werkzeug für eine Fahrrad-Reparatur. „Dieses kann dann ganz einfach zugänglich gemacht werden“, so Moschner-Schweder.

Auch Duschen oder leerstehende Zimmer, die sich als Umkleideräume eignen würden, sind teilweise schon vorhanden. Hier reichen oft kleine Anpassungen – und die Kommunikation an die Fahrrad-Pendelnden, dass die Räume von ihnen genutzt werden können. Inspiration geben kann beispielsweise der rad.journal-Beitrag zur Radinfrastruktur in Gebäuden. Von daher: Nur Mut! Unternehmen müssen das Rad nicht neu erfinden, sondern können auf bereits Vorhandenem aufbauen.

Radmobilität strukturell im Unternehmen verankern

„Sehr hilfreich ist es, im Unternehmen eine feste Ansprechperson für alle Themen rund ums Rad zu haben“, berichtet Moschner-Schweder. Diese Person kümmert sich um Fragen, die bei den Mitarbeitenden aufkommen, hilft bei Problemen und vermittelt Anliegen innerhalb des Unternehmens. Bestens dafür geeignet: Ein leidenschaftlicher Radfahrer oder eine leidenschaftliche Radfahrerin! „Wer selbst täglich zur Arbeit radelt, kennt die Chancen und Herausforderungen, die einem unterwegs begegnen“, erklärt der Fahrrad-Experte. Jemand, dem das Radfahren eine echte Herzensangelegenheit ist, kann die Lust am Radeln auch an andere überzeugend vermitteln.

Eine klare Empfehlung an Arbeitgeber: „Würdigen Sie das Engagement dieser Fahrrad-Mentoren und schaffen Sie Möglichkeiten, den Einsatz in die Arbeitszeit zu integrieren.“ So werde nicht nur sichergestellt, dass die Mitarbeitenden mit ihren Fragen auf eine verlässliche und kompetente Ansprechperson zugehen können, die sich die nötige Zeit für sie nimmt – es werde auch ein Statement gesetzt, das die Relevanz der Radmobilität im Unternehmen deutlich unterstreicht. Im rad.journal-Beitrag zu Radverkehrskoordinatoren geben wir weitere Tipps zur Ausgestaltung der Rolle.

Maßnahmen-Checkliste: Von A wie Abstellanlage bis Z wie Zufahrt

  • Gibt es eine Abstellanlage – und wenn ja, ist diese gut einsehbar, überdacht, nah am Eingang und in der Nutzung auch wirklich praktikabel?
  • Ist die Zufahrt zum Firmengelände ebenerdig möglich und wirklich fahrradfreundlich gestaltet, oder muss hier eventuell nachgebessert werden?
  • Gibt es eine Dusch- und Umzieh-Möglichkeit?
  • Stehen kalte Getränke zur Erfrischung an einem heißen Sommertag zur Verfügung?
  • Gibt es Möglichkeiten, nasse Regenkleidung zu trocknen?
  • Sehr praktisch für den Alltag sind außerdem Spinde, in denen der Helm oder auch wetterspezifische Fahrrad-Kleidung aufbewahrt werden kann.
  • Gelebte Fahrradfreundlichkeit bedeutet auch, bei Bedarf Hilfe anzubieten: Das kann etwa das bereitliegende Werkzeug für die Reparatur eines platten Reifens oder auch die schnelle Verfügbarkeit eines Erste-Hilfe-Koffers sein.

Die Möglichkeiten, im Unternehmensalltag das Radfahren zu unterstützen, sind vielfältig! Weitere Ideen finden Sie in unserem bike+business-Booklet. Einen guten Überblick darüber, was alles getan werden kann, gibt dieser Beitrag im rad.journal und das Handbuch zur Zertifizierung zum fahrradfreundlichen Arbeitgeber des ADFC e.V.

Fahrradfreundlichkeit im Unternehmen sichtbar machen

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Von der Chefetage bis zum Empfang: Es ist wichtig, dass alle über die Angebote im Unternehmen Bescheid wissen und diese weitertragen. Nur so kommt Fahrradfreundlichkeit auch dort an, wo sie hingehört: zu den Radfahrenden. „Es ist zentral, wie das Thema intern kommuniziert wird, um die Mitarbeitenden über bestehende Angebote zu informieren und zum Radfahren zu motivieren“, so Moschner-Schweder.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten möglichst schon vor der Vertragsunterzeichnung Bescheid wissen, dass ihr Arbeitgeber das Fahrradfahren aktiv fördert und welche Angebote genau genutzt werden können. Neben dem persönlichen Gespräch helfen Informationsflyer und digitale Infoangebote, aber vor allem auch gemeinsame Veranstaltungen. Hier eignen sich beispielsweise gemeinsame Fahrradtouren, aber auch ein Gesundheitstag (mehr Ideen dazu gibt es hier) oder die Aufstellung eines Teams für das STADTRADELN (Schritt-für-Schritt-Anleitung dafür gibt es hier).

Als Vorbild vorausradeln und Mitarbeitende motivieren

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„Wo der Chef oder die Chefin mit dem Rad zur Arbeit fährt, ist die Motivation zum „Umsatteln“ auch in der Belegschaft größer“, berichtet Rad-Experte Moschner-Schweder. So gewinnt das Engagement für die betriebliche Radmobilität an Glaubwürdigkeit.

Das gilt nicht nur für die Pendel-Strecke: Auch für andere Wege kann das Rad mitgedacht werden! Wer bei der Geschäftsreise eine Kombination aus Zug und Fahrrad nutzt, spart sich Staus und die Parkplatzsuche – und kann zudem während der Zugfahrt in Ruhe den anstehenden Termin vorbereiten Das Unternehmen kann dabei unterstützen: Praktische Falträder in der Fahrzeugflotte, die wenig Platz brauchen und somit problemlos auf der Zugreise mitgenommen werden können, ermöglichen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine entspannte und nachhaltige Reise – kombiniert mit der gewohnten Flexibilität am Zielort. Mehr zum Thema im rad.journal.

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